Freiwillig würde ich nie an einem Samstag zwischen 16 und 19 Uhr über den Rixdorfer Weihnachtsmarkt schlendern. Vor ein paar Jahren noch als Geheimtipp gehandelt, scheint er jetzt der beliebteste adventliche Treffpunkt Neuköllns zu sein und zeichnet sich neben beschaulicher Atmosphäre vor allem durch gedrängte Menschenmassen aus. Obwohl ich den Markt mittlerweile nach 15 Uhr meide, bleibt er mir mit seinen ausschließlich gemeinnützigen Ausstellern dennoch der sympathischste Weihnachtsmarkt in Berlin.
Geschenkidee: Book Upcycling
Dieses Jahr habe ich mich seit Langem zur Hauptbesuchszeit ins Getümmel geworfen. Allerdings nur, um zum Stand des Berliner Büchertischs zu gelangen, bei dem ich mein Hauptehrenamt tätige. Schon im Vorfeld überlegte ich gemeinsam mit anderen Büchertischlerinnen, was wir mit schönen, aber allzu verlesenen und ver(b)rauchten Buchspenden anstellen können*. Die Entscheidung fiel auf Schlüsselbretter, Notenengel, Uhren, Buchbäume und Papierdiamanten. Ideale Weihnachtsgeschenke für Buchliebhaber_innen! Besonders beliebt bei den Weihnachtsmarktbesucherinnen waren die Notenengel und die Schlüsselbretter. Einigen tat es „im Herzen“ weh, dass dafür Erich Kästners oder Astrid Lindgrens Werke aufgebohrt und verschraubt worden sind. Verständlich! Aber: Die im Inneren vergilbten und zerfledderten Bücher sind nun vor der Altpapiertonne sicherer als vor ihrer Verwandlung zum Schlüsselbrett.
Es werde Licht
Vorab gab es für alle Weihnachtsmarkt-Helferinnen ein Informationspaket: die Schichtpläne, das Verfahren rund um die Kasse, Informationen der Polizei zur Diebstahlprävention (Nutzen Sie Bauchtaschen!) etc. Ich habe sie alle gelesen, ok, überflogen. Nur das zweiseitige Merkblatt „Sicherer Umgang mit der Starklichtlaterne Petromax HK 500“ ignorierte ich komplett. Und das, obwohl ein Tippfehlerchen im Briefing sogar einschüchternde Starkstromlaternen ankündigte. No risk, no fun!
Und dann kam das, was kommen musste: Der vom Technischen Hilfswerk verteilten Gaslaterne ging nicht nur gleich das Licht aus, sie qualmte und stank und sah dabei ziemlich gefährlich aus. Alles halb so schlimm, wie die Kollegin vom Nachbarstand erklärte, aber man müsse jetzt eine neue holen und dafür lange anstehen. Ihrem Team sei soeben genau das Gleiche passiert. Also zog ich mit der Laterne los, schlängelte mich durch die schon gut gefüllten Gassen, sah viele andere Lampenträger über den Markt irren und befragte diejenigen, deren Laternen bereits wieder leuchteten, nach dem Weg zur Lampenausgabestelle. Dort war der erste Ansturm auf Ersatzleuchten bereits abgeklungen und ich konnte nach kurzer Wartezeit mein Licht zurück zum Stand bringen.
Danach ging die Drei-Stunden-Schicht dank netter Büchertisch-Kolleginnen, interessierter Kundinnen, Waffeln von der Senioreneinrichtung gegenüber und Glühwein zum Abschluss schnell vorbei.
Und sonst so
Heute flitze ich um 14 Uhr noch einmal kurz über den Rixdorfer Weihnachtsmarkt, um meinen Lieblingsstand, die Buchbinderei und Kermikwerkstatt der Union Sozialer Einrichtungen, abzuklappern, um den neu gestalteten Kalender der Stiftung Neukölln zu sichten und um zu schauen, ob Freunde und Bekannte dort sind, die einen eigenen Stand betreiben (z.B. BOS – Borneo Orangutan Survival) oder ebenfalls ehrenamtlich Schichten schieben (z.B. bei biffy Berlin).
Meinen ersten Einsatz am Rixdorfer Weihnachtsmarkt hatte ich übrigens 2011, im Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit. Damals bin ich spontan als Zimtwaffelbäckerin beim Brückeladen eingesprungen.
Ich hoffe, 2018 bin ich auch wieder als Teilzeit-Marktfrau dabei. Als Ausstellerin ist der Rixdorfer Weihnachtsmarkt trotz Gedränge immer noch ganz wunderbar.
*Eine Ideensammlung, was aus alten Büchern und Spielen entstehen kann, findet ihr auf meiner Pinnwand Book Upcyling.