Aus aktuellem Anlass, dem jährlichen Weihnachtsmarkt in der Gartenarbeitsschule Neukölln, aus dem Archiv gekramt: Einer meiner Lieblingsbeiträge hier im Blog. Mittlerweile sind in meiner Gärtnerinnenkarriere ein Nachbarschaftsgarten und ein Mietacker beim Bauerngarten Mette dazu gekommen!
Zufallstreffer
„Lernen mit allen Sinnen… mit Kopf, Herz und Hand!“, beim Gärtnern Flora und Fauna erforschen, ganzjährig die Natur erleben — und das mitten in der Großstadt Berlin. Neulich habe ich durch Zufall bei einer Preisverleihung erfahren, was es mit Gartenarbeitsschulen auf sich hat, die genau dies ermöglichen. Da ich seit einiger Zeit auf meinem Balkon gärtnerische Ambitionen hege, kam mir die Begegnung mit dem Preisträger „Förderverein der Gartenarbeitsschule ‚An der Kappe‘“ (Spandau) und insbesondere dessen Suche nach neuen Freiwilligen sehr gelegen. Ein Ehrenamt, bei dem ich nebenbei etwas übers Pflanzen und Ernten lerne: genau das Richtige für mich. Damit ich nicht quer durch ganz Berlin reisen muss, gab mir die Spandauer Schulleiterin den Tipp, es erst einmal in der Neuköllner Gartenarbeitsschule zu versuchen. Und tatsächlich liegt diese nur wenige Fahrrad-Minuten von meiner Wohnung entfernt.
August-Heyn-Gartenarbeitsschule in Britz
Die August-Heyn-Gartenarbeitsschule Neukölln liegt in Britz, versteckt in einem Meer aus Mietshäusern. Sie ist mit ihren 3,3 Hektar die größte der 15 Berliner Gartenarbeitsschulen, die von den Bezirksämtern getragen und oft von eigenen Fördervereinen unterstützt werden.
Das Außengelände setzt sich zusammen aus einem Baumpfad, einem Gewächshaus, Frühbeeten, Hochbeeten, einem Steinbackofen, einem Fühlpfad, einer Wetterstation, einem Kräutergarten und vielem mehr. Ganzer Stolz der Schule ist eine mongolische Kaiserjurte. Drumherum tummeln sich Schafe, Tauben und Bienen. Im Gebäude gibt’s eine Wollstube, eine Holzwerkstatt und zwei Klassenzimmer, in denen Ameisenstraßen, Goldfische und die Axolotl Axel und Lotte beobachtet werden können. Die Angebote des grünen Lernorts richten sich in erster Linie an Kitas und Schulen. Lehrer_innen können dort ihren Unterricht zu jeder Jahreszeit mit praktischen Naturprojekten ergänzen. Mein Wunschjahresplan aus den angebotenen Kursen sähe so aus:
- Januar: Tiere im Winter
- Februar: Rabenvögel beobachten
- März: Frühblühende Gehölze
- April: Wetterrundgang
- Mai: Bilder aus Blüten
- Juni: Bienenbeobachtung
- Juli: Kräuterlehrpfad
- August: Gemüseverarbeitung
- September: Apfelsaft herstellen
- Oktober: Wollverarbeitung
- November: Papier schöpfen
- Dezember: Spuren im Schnee
Ehrenamt beim Weihnachtsmarkt
Meine erste ehrenamtliche Begegnung mit der Neuköllner Gartenarbeitsschule lässt sich in zwei Worte zusammenfassen: unkompliziert und familiär. Nach einer kleinen Führung über das Gelände lud mich die Schulleiterin gleich zum Teamtreffen für den anstehenden Weihnachtsmarkt ein. Dort wurden die letzten Aufgaben verteilt und Getränkewünsche für die sogenannte „Verkündigung“ entgegengenommen.
Bei dem zweitägigen Weihnachtsmarkt wurden Produkte der Gartenarbeitsschule verkauft: Konfitüre, Honig, Bienenwachskerzen, Gestecke, Gefilztes, Woll-, Holz- und Keramikwaren. Kinder konnten mit Graf Keks Plätzchen verzieren, mit Ton werkeln, Fensterschmuck und Laternen basteln oder in der Jurte Märchenerzählern lauschen. Besonders beliebt war die Tombola: Jedes Los ein Gewinn. Zur Stärkung gab es Kuchen (mindestens 40 Stück!), Waffeln, Bratwurst und Stockbrot, stilecht überm Lagerfeuer gebacken. Ich war Tombola-Betreuerin, Küchenhelferin und Kurzzeit-Weihnachtsfrau.
Teamgeist und Verkündung
Mein Eindruck: Teamgeist und Anerkennung werden in der August-Heyn-Gartenarbeitsschule groß geschrieben, ganz egal ob feste, vorübergehende oder ehemalige Mitarbeiter_innen, „Ökos“ (Freiwilliges Ökologisches Jahr), Ehrenamtliche, Vereins- und sogar Familienmitglieder: Alle packten mit an und unterstützten sich gegenseitig. Die „Verkündung“ stellte sich als Preisverleihung für Alle heraus. 15 Keksorden wurden an die 15 Teams verliehen, die die verschiedenen Stände und Aktionen beim Weihnachtsmarkt betreut hatten. Platz 1: Konfitürenverkauf, Platz 2: Grill, Platz 3: Kaffeestube. Ich durfte als neue Freiwillige Platz 4 entgegennehmen, der eigentlich der Schulleiterin zustand, und bekam noch einen prächtigen Weihnachtsstern in die Hand gedrückt. Vielen Dank!
Wie geht’s weiter?
Die Arbeit und die Atmosphäre in der Gartenarbeitsschule gefallen mir sehr. Gern würde ich mich beim Gärtnern und bei den Schulprojekten engagieren und dabei einiges für meine kleine Balkongärtnerei dazu lernen. Zeitlich wird das langfristig aber schwierig: Die Schule braucht vor allem montags bis freitags zwischen 7 und 15 Uhr helfende Hände. Deswegen liebäugele ich ab 2018 mit einer Mitgliedschaft im Förderverein und freue mich schon jetzt aufs Herbstfest.
Weitere Informationen
Auf der Website der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie sind alle Berliner Gartenarbeitsschulen gelistet. Außerdem kann man sich dort eine lesenswerte 36-seitige Broschüre (PDF) herunterladen, die auch auf die Ursprünge der Schulen in der Reformpädagogik der zwanziger Jahre eingeht. Weitere Informationen gibt’s auf der Website der Interessengemeinschaft der Berliner Gartenarbeitsschulen (Stand 2012).
Die August-Heyn-Gartenarbeitsschule ist eine Station des sehr empfehlenswerten Gartenkulturpfades Neukölln.
Das Projekte-Kochbuch „Friedrichshain kocht“ enthält einen Beitrag über die Friedrichshainer Gartenarbeitsschule.
Die Spandauer Gartenarbeitsschule bietet auch Veranstaltungen für Erwachsene an, z.B. eine Kräuterschule und einen Quitten-Workshop!