Kürbissuppe, geröstete Nüsse, marokkanische Eier, Möhrencurry, Oregano-Tomaten-Butter, gedünstete Kokosäpfel, geschmorter Camembert an Aprikosen, Butterreis, dazu eine vegane Variante zu allen Gerichten: Am letzten Wochenende wurde geschlemmt! Genießen durften diese wunderbaren Speisen zwölf Mitglieder des Friedrichshain kocht-Teams auf einem Kunsthof im brandenburgischen Fläming. Zwei Tage lang beschäftigten sich elf Frauen und ein Mann damit, Interviews mit über 50 Friedrichshainer Menschen und Projekten zu hören, zu lesen, zu transkribieren, zu kürzen und zu redigieren. Sie suchten Fotos aus, verfassten Einleitungstexte und veganisierten Rezepte.
Wo alles begann: Dublin Mini-Marathon 2004
2003: Studium vorbei, Magisterzeugnis in der Hand, noch keine berufliche Perspektive. Durch Zufall bin ich in ein Praktikum in einen kleinen Kreuzberger Verein, Freunde alter Menschen, gerutscht. Dort lernte ich, dass PR keine Werbung ist und Öffentlichkeitsarbeit auch für sinnstiftende Arbeit, für soziale Projekte betrieben werden kann. Als sich herausstellte, dass der Verein international vernetzt ist, ergriff ich die Möglichkeit, für ein Jahr als „full-time-volunteer“ also als Vollzeitfreiwillige nach Dublin zu „Friends of the Elderly“ zu gehen, um als Freiwilligenkoordinatorin junge Engagierte und alte Menschen zusammenzubringen, Tagesausflüge und Feste zu koordinieren.
Family Night 3
Bei der heutigen Family Night war Nicoles turn. Es gab paraguayanischen Maiskuchen (werde ich nach meiner Rueckkehr servieren [2023: und liebe ich bis heute]), einen Auflauf mit minced meat (was nicht wie ich dachte, Fleisch mit Minzsosse, sondern Hackfleisch bedeutet, ich habe zumindest eine kleine Portion getestet [2023: Oha, da muss ich ja meinen Artikel Confessiones carnem ergänzen], Oliven und Kartoffeln und die Reste vom Vanilleeis, das jede Woche beim Wednesdayclub verteilt wird.
Der Alltag ist eingekehrt
Wenn ich nicht in “in charge of the doors” bin, stehe ich gegen halb neun auf. Zu Beginn war ich um diese Uhrzeit noch sehr ausgeschlafen, aber da ich hier abends viel laenger wach bleibe als in Berlin, bin ich in letzter Zeit morgens noch halb in Trance. Gegen neun treffen wir uns alle, das heisst die Fulltime-Volunteers, die Koordinatorin Niamh (sprich: Nieve) und Greta vom Shop, unten in der Kueche und fruestuecken zusammen. Meistens erzaehlt Niamh irgendwelche lustigen Geschichten, regt sich ueber die Franzosen von den Petits fréres auf (der Verein stammt urspruenglich aus Frankreich, demenstprechend haben die Franzosen die groesste Entscheidungsmacht und das meiste Geld zur Verfuegung, nicht immer aber die praktikabelsten Ideen) oder diskutiert mit Greta ueber die irische Politik.
Journal
So, nun habe ich zwei Maschinen Waesche gewaschen und fast den gesamten Nachmittag damit verbracht, das Journal zu aktualisieren. Keine Garantie fuer grammatikalisch einwandfreien Ausdruck.
Dún Laoghaire
Gegen Abend hat Keith Julie und mich (Nicole verbringt ihre Wochenenden jetzt meist bei ihrem Freund) abgeholt und ist mit uns ein Stueck am Bay of Dublin bis Dún Laoghaire (pronounced “dunleary”) gefahren, ein kleiner Hafenort in der Naehe von Dublin, von dem Faehren nach Grossbritannien ablegen. Der Ort ist ein beliebtes Ausflugsziel der Dubliner und zu dem sonntaeglichen Spaziergang ueber den/das (?) Pier gehoert ein Eis von Teddy’s, vor dem sich zu jeder Tageszeit eine ganze Menge Kunden draengelt. Das Eis ist eine Art Softeis, bestellt man den 99er, wird noch ein Roellchen Schokolade ins Eis gesteckt.
Weihwasser und Busfahren in Dublin
Heute fand mein erster Hausbesuch bei einer Elderly aus meiner Area statt. Margaret ist eine ganz winzige, niedliche, feine Dame, die ganz alleine in ihrem viktorianischen oder war es gregorianischen (???) Haus lebt. Das ganze Haus ist komplett katholisch ausgestattet, samt Weihwasserbecken an der Eingangstuer, mit dem sie sich beim Abschied besprengte (ob das ein Dank war ueber meinen Besuch oder dass ich endlich gehe?), und einem Handtuch bedruckt mit dem Papst. Der ganze Stolz von Margaret ist ihr Enkel, der vor einigen Jahren die Haende der (englischen) Queen geschuettelt hat. Leider habe ich nicht so ganz verstanden, wie es dazu gekommen ist.
Family Night 2
Heute war mein Turn bei der Family Night. Zwiebelkuchen. Zufaellig standen hier sogar ein paar Flaschen deutscher, suesser Weisswein herum und der Verein besitzt diese typisch deutschen (?) Weinglaeser mit den gruenen, dicken Stielen, genannt “Roemer”. Nach eineinhalb Blechen sassen wir zu fuenft im kleinen TV-Room und schauten gespannt das Elfmeterschiessen. Die Iren waren begeistert angesichts Englands Niederlage.
Masscards
Irland ist tatsaechlich durch und durch katholisch. Eine der ersten Fragen, die man hier von den Elderly gestellt bekommt ist die, ob man katholisch sei. Ich weiss nicht, ob es hier um die gleichen Riten handelt wie in Deutschland, fuer mich ist das jedenfalls alles sehr ungewohnt: Heute musste ich Karten fuer eine Trauerfeier besorgen. Das war schwieriger als ich dachte, obwohl mir Niamh noch erklaerte “masscards, not a whole mass”. Mein erster Anlaufpunkt war der Churchshop (sic!) um die Ecke. Nachdem ich feststellen musste, dass “masscard” nicht die Uebersetzung von “Trauerkarte” ist, sondern es masscards fuer die verschiedensten Gelegenheiten gibt und ich nicht einschaetzen konnte, um welche Angelegenheit es sich handelt, wenn man eine Karte mit dem Text “in deepest sympathy” ueberreicht, entschloss ich mich, doch lieber in eine Schreibwarenabteilung zu gehen. Dort stellte ich dann fest, dass die “deepest sympathy”-Karten sowohl unter der Kategorie Rest In Peace als auch Friendship eingeordnet sind. Sehr verwirrend.
Daytrip Locke’s Destillery – Tullamore
Der heutige Tagesausflug fuehrte uns zu “Locke’s Destillery”, einer kleinen ehemaligen Whiskeybrennerei, die nun als Museum genutzt wird. Nach einer eineinhalb Stunden andauernden Busfahrt mit 44 reiselustigen Elderly (so also muessen sich Lehrer auf einer Klassenfahrte fuehlen) erreichten wir die Destillery. Die Fuehrung durch die Anlage wurde stark gekuerzt, da die meisten der Elderly keine schmalen Holztreppen mehr nuetzen koennen, die dort zahlreich vorhanden waren, und ueberhaupt vielmehr ungeduldig auf die versprochenen Whiskeyproben bzw. Tea and Scones warteten als den Ausfuehrungen der Tourguides zuzuhoeren. Ich habe inhaltlich ebenfalls so gut wie nichts mitbekommen, da ich auf zwei scatterbrained (neue Vokabel!) ladies aufpassen musste. Nachdem die meisten zunaechst behaupteten, Whiskey habe nie eine grosse Rolle in ihrem Leben gespielt, fand die anschliessende Whiskeyprobe erstaunlich viel Interesse. Mit sieben Whiskeys hat eine Frau die meisten Kostproben zu sich genommen (ungeachtet der zusätzlichen abendlichen Bestellungen beim Dinner).