„Bei unserer Hochzeit haben wir uns versprochen, gastfreundlich zu sein.“ Ein rührender Satz und einer, den meine Gastfamilie in Wangen im Allgäu bis heute, über 30 Jahre später, beherzigt. Wie ich zu einer Gastfamilie im baden-württembergischen Westallgäu gekommen bin? Am 31. Januar galt es, einen Digital-Kompass Standort zu eröffnen und diesmal war Familienanschluss inklusive!
Alle Eröffnungen von Digital-Kompass Standorten waren bisher fabelhaft. Fast alle Gastgeber*innen warten mit lokalen Spezialitäten, Geschenken, vor allem aber mit viel Herzlichkeit auf. Wenn es die Zeit zulässt, gibt es oft auch kurze Führungen durch die Umgebung. In Wangen bot sich mir nun aber zum ersten Mal die Gelegenheit, nach der Eröffnungsfeier einen Tag länger vor Ort zu bleiben. Und dieser Tag hatte es in sich!
Auf der schwäbschen Eisenbahne
Los ging es Freitagmorgens um 4.30 Uhr. Während der rund neunstündigen Anfahrt blieb im Zugbüro viel Zeit, um Mails zu bearbeiten, Termine zu klären und sich mit Kolleg*innen auszutauschen. Nur die letzte Stunde zwischen Kaufbeuren und Hergatz war allein der Alpenkette, die in der Ferne immer wieder aus dem Zug heraus zu sehen war, gewidmet und ich musste mich zurückhalten, nicht lauthals „Heidi, deine Welt sind die Berge“ zu singen und einheimische Sitznachbarn an den Schultern zu schütteln, um ihnen anzuraten, ebenfalls die Schönheit der Landschaft da draußen zu genießen.
Für das leibliche Wohl ist gesorgt
Vor Ort angekommen holte mich der Wangener Digital-Kompass-Koordinator Siegbert Schlor vom Bahnhof ab und nahm mich freundlich in seine Familie auf. Kennenlernen durfte ich seine Frau, die jüngste Tochter und Familienkater Carlos. Fürs leibliche Wohl wurde ständig gesorgt: Zum Einstieg in die schwäbische Lebensart wurden Käsespätzle aufgetischt, am nächsten Tag folgten Maultauschen, zwischendurch gabs ein Care-Paket mit Brezeln und Bergkäse, für die Rückfahrt nach Berlin Obst, Energieriegel und Salbeibonbons. Selbst unterwegs wurde immer wieder auch für regelmäßigen Wassernachschub gesorgt! Während wir Menschen schwelgten, folgte Kater Carlos einem strengen Diätprogramm. Sorgfältig abgewogene Portionen und in der Küche ausgehängte Futterregeln für die ganze Familie bescheren ihm sicherlich bald noch geschmeidigere Sprünge auf seinem Platz auf dem Cembalo als bereits jetzt.
Musikalische Hörproben
Im ganzen Haus und auf alle Familienmitglieder sind neben dem Cembalo zahlreiche weitere Musikinstrumente verteilt, unter anderem Saxophon, Mandoline, Ukulele, Fagott, Klarinette und mehrere Geigen. Von Mundharmonika, Keyboard, Blockflöte gab es sogar kleine musikalische Hörproben. Doch halt! Der wichtigste Anlass, nach Wangen zu fahren, waren ja nicht die vielfältigen musikalischen (und kulturellen, politischen, geschichtlichen, regionalen) Interessen meiner Gastgeberfamilie, sondern die Eröffnung des 41. Digital-Kompass Standortes.
Der offizielle Teil: Digital-Kompass Standort Wangen eröffnet!
Verortet ist dieser bei den Lehrerpensionären im Altkreis Wangen (LPIAW), eine Gruppe ehemaliger Lehrer*innen, die gemeinsam wandern, musizieren, reisen, lesen, diskutieren und lernen. Dementsprechend fand die offizielle Eröffnung des Digital-Kompass Standortes im Beruflichen Schulzentrum Wangen (BSW) statt – samt Schultafel und Pulttrennern, die diesmal aber nicht vom Abgucken abhalten mussten, sondern ein gutes Versteck für die Digital-Kompass-Materialien, die erst später enthüllt werden sollten, boten. Siegert Schlor gab einen Überblick über alle Themen rund um den Digital-Kompass und stellte wichtige Vernetzungspartner wie zum Beispiel das Netzwerk Senioren-Internet-Initiativen Baden-Württemberg vor. Josef Hodrius erläuterte die Angebote der LPIAW und Ingrid Bounin das Senioren-Medienmentoren-Programm des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg. Bei Brezeln, Bier und Brombeersprudel hieß es dann Vernetzen und Austauschen. Mein Lächeln dabei war zwar hoffentlich freundlich, aber, das muss ich zugeben, nicht immer auch verständig: In der Regel habe ich keine Schwierigkeiten, auch stärkere Dialekte zu verstehen, aber das Schwäbische war für mich eine größere Herausforderung als jeder anderer Dialekt. Vielleicht lässt auch mein Hörvermögen nach. Durchaus möglich.
Abendprogramm: Blues und A-Capella
Direkt im Anschluss an die Digital-Kompass-Veranstaltung startete mein Gastprogramm mit einer Fahrt zu einem Aussichtspunkt aufs beschauliche Wangen und aufs Alpenpanorama, der uns einen hübschen Sonnenuntergang hinter den besonders majestätischen Schweizer Bergen bescherte. Nach einer kurzen Verschnaufpause im Hotel ging es weiter zu einem Blues-Konzert (Al Jones) im Jazzpoint im Alten Hasen. Mein Getränketipp: der Birnen-Cidre. Definitiv besser als Äppelwoi! Am nächsten Abend stand mit dem A-cappella-Ensemble Cash-n-go ebenfalls Musik auf dem Programm. Mein Highlight: ein Medley aus rund 80 Hits, die alle auf den gleichen vier Akkorden beruhen. Gibt’s leider nicht online nachzuschauen, ist aber ähnlich wie dieses Video von The Axis of Awesome angelegt. Fun fact: Für den Besuch vom Digital-Kompass wurden extra die Stuhlreihen umgestellt!
Fünf Länder in einem Tag
Am Samstag stand ein Ausflug nach Lindau und Bregenz samt Besichtigung der Seebühne auf dem Plan. Auf dem Rückweg schlängelten wir uns auf immer enger werdenden Serpentinen zum Gipfel des Bregenzer Hausbergs, den Pfänder, und wurden mit einem fantastischen Blick über den Bodensee belohnt. Über einen schmalen Höhenweg ging es an Radfahrer*innen und Wandergruppen vorbei bis nach Scheidegg zum Kaffeetrinken im „Fünfländerblick“: Von der Terrasse des Restaurants sieht man bei guter Sicht auf die Bergketten von Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein und ganz in der Ferne sogar von Frankreich. Der Ausflug endete mit einem Spaziergang durch Wangens Altstadtgassen, vorbei an Spatzen-, Spuck- und Eselsbrunnen, an Türmen und Kirchlein, an Eselsmühle, Sauplatz und Kornhaus.
Eine wunderbare Eröffnung eines Digital-Kompass Standortes samt Familienanschluss und Kurzurlaub. Vielen Dank!