Wer wohnt da eigentlich?
Planschbecken vor den Türen, bunte Balkonwände, kleine Apartments, Menschen aus 27 Nationen, spielende Kinder, alle grüßen sich freundlich: Auf den ersten Blick wirkt die neue Wohnanlage in der Haarlemer Straße in Britz wie eine kleine Feriensiedlung. Schaut man genauer, merkt man schnell: Der Anschein trügt. Die neuen Nachbarinnen und Nachbarn machen keinen Urlaub. Sie gehen arbeiten oder suchen einen Job, sie lernen Deutsch und müssen oft von Behörde zu Behörde hasten. Ihre Kinder malen Regenbögen, Apfelbäume, Spielplätze – und brennende Fenster. So freundlich die kleinen Apartments von außen auch aussehen: Sie sind viel zu klein für die Familien, die dort leben. Zwar ist die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in der Haarlemer Straße eine der angenehmeren ihrer Art. Aber auch sie ist umzäunt und Wachpersonal zum Schutz der Bewohner*innen ständig präsent.
Berlin entwickelt neue Nachbarschaften
Damit über den Zaun hinweg in Zukunft eine neue friedliche Nachbarschaft ohne Vorurteile und Ängste entsteht, eine gemeinschaftliche Nachbarschaft also, in der sich neue und alte Bewohner*innen gerne kennenlernen und Zeit miteinander verbringen, hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen an 20 Standorten das Programm „BENN – Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaften“ ins Leben gerufen. Die BENN-Teams bestärken geflüchtete Menschen, hören Einheimischen zu, vernetzen sich vor Ort, gehen Kooperationen ein und organisieren Nachbarschaftsforen. Zäune sind dann hoffentlich bald Vergangenheit.
Kennenlernen, aber wie?
Im Britzer BENN-Team arbeiten zwei engagierte Frauen, Susen Engel und Leny Chemali, tatkräftig daran, zu erfahren, was sich Alteingesessene und Zugezogene voneinander wünschen. Dabei stoßen sie „auf die ganze Bandbreite zwischen Neugier und Angst“. Es überwiegen aber, so berichten sie, positive Reaktionen auf ihre Fragen. Auf dem Markt in Britz-Süd hatten zum Beispiel einige Marktbesucher gleich einen Vorschlag parat, wie sie die neuen Nachbar*innen am liebsten kennenlernen würden: „Man müsste mal eine gemeinsame kulinarische Reise machen!“ Ein iranischer Künstler, der derzeit in der Gemeinschaftsunterkunft lebt, würde gerne Musikkurse anbieten. Einige Frauen möchten ein Strickcafé einrichten, um dort mit ihren deutschen Nachbarinnen ins Gespräch zu kommen.
Was kann ich tun?
Das BENN-Team steht noch am Anfang seiner Arbeit, die offizielle Eröffnung des Britzer Büros steht noch aus. Wer sofort mitmachen möchte, hat aber auch jetzt schon viele Möglichkeiten:
- Räume finden:
Derzeit sucht BENN-Britz noch händeringend nach einem Büro, im Bestfall ein Ladenlokal. Hinweise herzlich willkommen! - Antworten geben und Fragen aufwerfen:
Was wünscht ihr euch von den neuen Nachbar*innen? Wo habt ihr Sorgen? Welche gemeinsamen Aktivitäten könnt ihr euch vorstellen? - Spenden:
In den letzten Monaten wurden viele Kinder in der Unterkunft geboren. Babykleidung ist daher besonders gefragt, außerdem Kleidung für Erwachsene, die sich für Bewerbungsgespräche und Amtsgänge eignet. Das Strickcafé freut sich über Stricknadeln und Wolle, ehrenamtliche Gärtner*innen über Pflanzen! - Sich für und mit den Geflüchteten engagieren:
zum Beispiel Kindern bei den Hausaufgaben helfen, gemeinsam Sport treiben, beim Strickcafé vorbeischauen oder einen neuen Garten anlegen. Der Ehrenamtskoordinator Dirk Palachowski freut sich über neue Freiwillige! - Aufeinander zugehen, miteinander reden und offen sein!
Weitere Informationen
Veranstaltungstipp: BENN-Britz lädt ein… Freitag, 29. Juni 2018, 16 bis 19 Uhr
Informationen zur Gemeinschaftsunterkunft Haarlemer Straße
Informationen zum BENN-Büro Britz
Informationen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zu BENN
Auch in Buckow wurde in Christoph-Ruden-Straße 5, 12349 Berlin ein BENN-Büro eröffnet.
Gemeinsam sich stark fühlen !
Zu unserem Kreativ -Treffen der Britzer Stadtmission am 14.11.2018 hatten wir einige Frauen aus der Wohnanlage Britz, in der Haarlemer Str. eingeladen. Vorausgegangen war ein Gespräch mit der Teamleitung vom BENN, Frau Leny Chemali und Frau Susan Engel, sowie ein Besuch von mir vor Ort.
Ich wurde sehr freundlich am Eingang empfangen und in Begleitung zur Strickgruppe gebracht. Da alle Frauen dort schon etwas meine Sprache verstanden, war das Band der Fremdheit gebrochen und ich fühlte mich wohl.
Zu unserem Treffen lud ich sie ein und sie kamen mit Kindern und einem Lächeln im Gesicht am Nachmittag. Schnell wurden Tisch und Stühle zusammengestellt, Kaffee gekocht und alle vorgestellt. Sie hatten ihre selbst gefertigten Sachen mitgebracht und schauten sich auch unsere Bastelartikel an. Nach einem gemeinsamen Lied und kleinen Unterhaltungen bastelten sie mit uns kleine Papierengel aus Notenblätter. Es war ein turbulenter, doch schöner Nachmittag mit neuen Erfahrungen des Kennenlernens anderer Kulturen.
Liebe Frau Völker,
herzlichen Dank für Ihren wunderbaren Kommentar! Ich hoffe, solche Nachmittage und Begegnungen finden noch viel öfter statt.
Mit besten Grüßen
Sabine Wolf
Hallo Frau Wolf,
Bei meinem Treffen mit Frau Chemaly hatte ich ja angedacht, einige Kinder aus der Haarlemerstr. zum Weihnachtssingen in die SM einzuladen. Leider muss ich einen Rückzieher machen, da ich das nicht allein entscheiden kann und unser neuer Pastor auch meint, die Gemeinde/ Kreativgruppe soll sich erst selbst finden. Das finde ich okay und würde gern eine spätere Einladung nach Abssprache versuchen zu realisieren. Der Kontakt zu einigen Frauen besteht sowieso und den möchte ich auch gern aufrechterhalten. Wenn die Weihnachtszeit vorbei ist, würde ich gern die Familien dort wiedertreffen. Ich hätte einige schöne Kinder- und Frauensachen abzugeben und einiges mehr, falls so etwas noch benötigt wird. Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete, friedvolle Advents- und Weihnachtszeit.
Anmerken möchte ich noch, dass es ein Weihnachtssingen am Hufeisen Britz gibt und das wäre doch eine schöne Gelegenheit, dass die Kinder ihre gelernten deutschen Weihnachtslieder dort vorsingen. Vielleicht könnten sie versuchen Kontakt aufzunehmen!
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Freude und Erfolg in ihrem nicht immer leichten Aufgabenbereich.
Mit freundlichem Gruß
Rosemarie Völker